5.19 : Zielgerichtetes Lernen

E. C. Tolman betonte die Zielgerichtetheit des Verhaltens – die Idee, dass ein Großteil unseres Verhaltens zielgerichtet ist. Mitarbeiter, die beispielsweise eine Beförderung anstreben, arbeiten fleißig daran, ihre Ziele zu erreichen. Tolman argumentierte, dass der Organismus bei klassischer und operanter Konditionierung bestimmte Erwartungen entwickelt. Bei der klassischen Konditionierung könnte ein Kind Angst vor einem Hund haben, weil es erwartet, dass er beißt. Bei der operanten Konditionierung könnte eine Person ständig Überstunden machen, weil sie am Ende des Monats eine Prämie erwartet. Dieser Argumentation zufolge bilden wir also beim Lernen durch Konditionierung nicht nur Assoziationen, sondern entwickeln auch Erwartungen über die Welt.

Erwartungen ergeben sich aus den Erfahrungen von Menschen mit ihrer Umgebung. So geben Menschen, die beispielsweise versuchen, Geld zu sparen, möglicherweise weniger aus, wenn sie ihre Kreditkarten zu Hause gelassen haben. Ein Grund, warum diese Taktik funktioniert, ist, dass sie ihren Erwartungen widerspricht: Sie hatten erwartet, Einkäufe zu tätigen, nicht, sie zu vermeiden. Erwartungen beeinflussen auch den Placeboeffekt. Studien haben gezeigt, dass viele Medikamente die Symptome wirksamer lindern, wenn die Patienten wissen, dass sie behandelt werden, als wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. Wenn Patienten wissen, dass sie Medikamente erhalten, können sie ihre eigenen Erwartungen nutzen, um die Wirksamkeit des Medikaments zu steigern.

Latentes Lernen, auch implizites Lernen genannt, ist unverstärktes Lernen, das sich nicht unmittelbar im Verhalten zeigt. Latentes Lernen kann zufällig als Ergebnis von Erfahrungen ohne jegliche Verstärkung erfolgen. Beispielsweise kann jemand den Grundriss einer neuen Stadt lernen, indem er einfach regelmäßig durch sie geht, selbst wenn er nie bewusst versucht, sich die Straßen einzuprägen. Diese Art des Lernens zeigt, dass Wissen passiv und ohne direkte Verstärkung erworben werden kann.